"Die Gefahr lauert in den Bäumen...", klingt wie ein Satz aus einem schlechten Hollywood-Streifen? Da hast Du recht! Aber er entspricht durchaus auch der Realität.
Schon als Kind haben wir (hoffentlich) gelernt bei starkem Wind oder gar bei Sturm baumreiche Flächen und Wälder zu meiden? Wieso? Ganz einfach aus dem Grund, dass unsere Eltern nicht wollten, dass wir erschlagen oder aufgespießt werden. Und das wollen wir hoffentlich noch immer nicht...
Genau deswegen lohnt es sich bei jedem Waldbesuch, auch wenn man auf en Wegen bleibt, den Blick hin und wieder nach oben zu richten. Du denkst, dass man einen umstürzenden Baum schon hören würde? Klar, aber wenn man Holz splittern hört, ist es meist schon zu spät, wenn man sich vor Augen hält welche Dimensionen doch ein Baum haben kann. Dann wird man eben nicht direkt vom Stamm selbst erschlagen, dafür von den zahlreichen kleineren und größeren Ästen... Ist das besser? Definitiv nicht!
Auch wenn wir uns länger im Wald aufhalten, gerade mit dem Ziel uns irgendwo niederzulassen, sollten wir bevor wir uns niederlassen den Blick nach oben riskieren. Und das länger als zwei oder drei Sekunden. Wieso? Nun ja, nicht nur bei Sturm neigen Äste oder gar Bäume dazu einfach so mal um- bzw. herunterzufallen. Das tun sie auch beim besten Wetter. Da umstürzende Bäume doch eher die Seltenheit sind und man instabile Bäume in der Regel mit gesundem Menschenverstand frühzeitig erkennt, lassen wir dieses Szenario einfach mal auf der Seite.
(Und wenn man sie nicht erkennen kann? Na dann, Pech gehabt und hoffentlich geht es schnell...)
Spaß beiseite. Die eigentliche Gefahr geht von den Ästen aus, die sich bei starkem Wind/Sturm von den Bäumen lösen. Loses Geäst, das sich in anderen Ästen verfangen hat und scheinbar (!) sicher dort verkeilt ist oder das noch an einem Rest hängt, nennt man umgangssprachlich Witwenmacher (engl. Widow Maker).
Wieso Witwenmacher? Weil Holzarbeiten früher und heute auch noch überwiegen Männersache ist und diese folglich von herabstürzenden Ästen erschlagen oder gepfählt wurden und so ihre Frauen zu Witwen gemacht haben.
Nicht nur Wind, egal wie stark er ist, kann zum Abrutschen dieser verkeilten oder restverbundenen Äste führen, sondern auch Vibrationen (Schläge gegen den Stamm, z.B. mit einer Axt oder das Anlegen einer Motorsäge). Da wir nun nicht in den Wald gehen, um ihn auf irgendeine Weise zu roden, spielt für uns der Faktor Wind oder auch die Materialermüdung des umliegenden Geästs die größte Rolle.
Wenn ich Euren Lagerplatz gefunden habt, dann schaut zuerst auf den Boden - zum einen, um zu prüfen, ob dieser eben genug ist und zum anderen, um zu schauen, ob dort viel oder wenig kleines oder mittleres Geäst liegt. Kommt ihr an einen Platz an dem schon sehr viele Äste und Zweige auf dem Boden liegen, dann schaut erst recht nach oben, denn das spricht dafür, dass der Ast sehr viel Totholz in seiner Krone trägt, das jederzeit herunterstürzen kann.
Und auch wenn Euer Platz "klinisch rein" ist, sprich es liegen keine großen Mengen an Ästen auf Eurem auserwählten Platz, scaut trotzdem nach oben, denn vielleicht hat sich bisher einfach noch nichts gelöst.
Nehmt Euch Zeit und schaut nach oben. Sobal ihr auch nur den kleinsten Ast entdeckt, der lose auf anderen Ästen liegt oder der nur noch durch ein winziges Stück an seinem Ast/Stamm gehalten wird, sucht lieber einen anderen Platz auf. Ja, das ist manchmal echt nervig, vor allem wenn man mit der Planung in Verzug gekommen ist, es langsam dunkel wird, es dabei auch noch regnet und arschkalt ist. Aber: Ihr wollt doch dieses miese Wetter und diese miese Planung überleben, um es das nächste Mal besser zu machen, oder nicht?!
Selbst der kleinste und unscheinbarste Zweig kann Euch zum Verhängnis werden. Prinzipell gilt natürlich, wie überall in der Physik: Je mehr Masse ein Objekt hat desto schneller ist es und desto verherender ist sein Aufprall. Das ist bei Ästen nicht anders. Kleine Äste mögen Euch nichts tun, weil Euer Tarp sie vielleicht noch aufhalten kann, aber darauf anlegen würde ich es nicht. Selbst wenn Euer Tarp den herabstürzenden Ast komplett abbremsen kann, so dürfte es dabei doch erheblichen Schaden nehmen. Größere und schwerere Äste rauschen Euch einfach durch Euer Tarp oder auch durch Euren Shelter, treffen Euch und knipsen Euch das Licht aus. Mit viel Glück nicht für immer, aber auch da: Wer sein Leben unbedingt riskieren will, sollte das auf andere Art und Weise tun.
Zusammengefasst:
- nehmt Euch Zeit bei der Platzwahl und schaut nach oben
- auch kleine Äste können Eure Tour/ Euer Lager so richtig schön vermiesen
- und: Geht, sobald sich die Baumwipfel biegen unbedingt aus dem Wald und setzt Euer Leben nicht unnötig auf Spiel, nur weil Ihr die "Coolen" sein wollt und was zu erzhlen braucht.
In diesem Sinne: Augen immer nach oben bei der Platzwahl!